Lernzettel: Routing-Test
Anforderungen
- Pfad Bestimmung
- Paketweiterleitung
- IP-Routing-Tabelle
- Statisches vs Dynamisches Routing
- Link-State und Distance Vector
- Dynamische Routingprotokolle
- Metrik => Was ist das? Welche Unterschiede?
1. Was ist Routing?
Routing ist der Prozess der Pfadbestimmung (best path selection) und Paketweiterleitung (packet forwarding) von Datenpaketen durch ein oder mehrere Netzwerke von einer Quelle zu einem Ziel. Ein Router ist ein Netzwerkgerät, das diese Aufgabe übernimmt.
2. Kernfunktionen des Routings
a) Pfadbestimmung (Path Determination)
- Ziel: Ermittlung des optimalen Weges, den ein Datenpaket nehmen soll, um sein Ziel zu erreichen.
- Grundlage: Router nutzen Routing-Algorithmen und Routing-Informationen (z.B. aus Routing-Tabellen), um den besten Pfad zu berechnen.
- Ergebnis: Die ermittelten Pfade werden in der Routing-Tabelle gespeichert.
b) Paketweiterleitung (Packet Forwarding)
- Ziel: Das physische Senden des Datenpakets über die richtige Schnittstelle in Richtung des Ziels.
- Grundlage: Jeder Router, der ein Paket empfängt, untersucht die Ziel-IP-Adresse des Pakets.
- Vorgehen: Der Router gleicht die Ziel-IP mit Einträgen in seiner IP-Routing-Tabelle ab, um die nächste Hop-Adresse und die entsprechende Ausgangsschnittstelle zu finden. Das Paket wird dann über diese Schnittstelle weitergeleitet.
3. IP-Routing-Tabelle
Die IP-Routing-Tabelle (auch Forwarding Information Base, FIB) ist eine Datenbank, die von einem Router verwendet wird, um den nächsten Hop für ein Datenpaket zu bestimmen. Sie enthält Informationen über bekannte Netzwerke und die besten Pfade dorthin.
Typische Einträge in einer Routing-Tabelle:
- Netzwerkadresse / Präfixlänge: Das Zielnetzwerk (z.B. (192.168.1.0/24)).
- Nächster Hop (Next-Hop-Adresse): Die IP-Adresse des nächsten Routers auf dem Weg zum Zielnetzwerk.
- Ausgangsschnittstelle (Outgoing Interface): Die lokale Schnittstelle des Routers, über die das Paket gesendet werden soll.
- Metrik: Ein Wert, der die "Kosten" oder "Distanz" zum Zielnetzwerk angibt. Kleinere Metriken sind besser (siehe Abschnitt 6).
- Routenquelle: Wie die Route gelernt wurde (z.B. direkt verbunden, statisch, OSPF, EIGRP).
Längster Präfix-Match (Longest Prefix Match): Wenn mehrere Einträge in der Routing-Tabelle auf die Ziel-IP-Adresse eines Pakets passen, wählt der Router den Eintrag mit der spezifischsten (längsten) Präfixlänge.
4. Statisches vs. Dynamisches Routing
a) Statisches Routing
- Definition: Routen werden manuell vom Netzwerkadministrator konfiguriert und müssen bei Änderungen im Netzwerk ebenfalls manuell angepasst werden.
- Vorteile:
- Einfach zu konfigurieren in kleinen, stabilen Netzwerken.
- Weniger Ressourcenverbrauch auf dem Router (keine CPU-Last für Routing-Algorithmen).
- Keine Overhead-Nachrichten für den Austausch von Routing-Informationen.
- Höhere Sicherheit, da keine Routing-Updates ausgetauscht werden.
- Nachteile:
- Nicht skalierbar für große Netzwerke.
- Fehleranfällig bei manueller Konfiguration.
- Keine automatische Anpassung an Netzwerkausfälle oder -änderungen (keine Konvergenz).
- Benötigt administrativen Aufwand bei Änderungen.
- Anwendungsfälle: Kleine Stub-Netzwerke (Netzwerke mit nur einem Ausgangspunkt), Default-Routen (Route of Last Resort).
b) Dynamisches Routing
- Definition: Router lernen Routen automatisch voneinander, indem sie Routing-Protokolle verwenden und Routing-Informationen austauschen. Sie können sich automatisch an Änderungen im Netzwerk anpassen (Konvergenz).
- Vorteile:
- Skalierbar für große und komplexe Netzwerke.
- Automatische Anpassung an Netzwerkausfälle oder -änderungen (Fehlertoleranz).
- Geringerer administrativer Aufwand, da Router Routen selbstständig lernen.
- Findet den optimalen Pfad.
- Nachteile:
- Erhöhter Ressourcenverbrauch auf dem Router (CPU, Speicher).
- Zusätzlicher Netzwerk-Overhead durch Routing-Updates.
- Komplexer in der Konfiguration und Fehlerbehebung als statisches Routing.
- Potenzielle Sicherheitsprobleme durch den Austausch von Routing-Informationen.
- Anwendungsfälle: Mittlere bis sehr große Netzwerke, Netzwerke mit häufigen Änderungen oder Redundanzanforderungen.
5. Dynamische Routingprotokolle: Link-State vs. Distance Vector
Dies sind die zwei Hauptkategorien dynamischer Routingprotokolle, basierend darauf, wie sie Routing-Informationen austauschen und den besten Pfad berechnen.
a) Distance Vector Protokolle
- Arbeitsweise: Router teilen ihren gesamten Routing-Tabelle (oder einen Teil davon) regelmäßig mit ihren direkt verbundenen Nachbarn.
- "Distance" (Distanz): Bezieht sich auf die Metrik (z.B. Hop-Count bei RIP).
- "Vector" (Vektor): Bezieht sich auf den nächsten Hop.
- Informationsaustausch: Jeder Router kennt nur die Distanz zu einem Ziel und den nächsten Hop, aber nicht die gesamte Topologie des Netzwerks. Er "vertraut" den Informationen seiner Nachbarn.
- Algorithmus: Bellman-Ford Algorithmus.
- Konvergenz: Langsamer als Link-State-Protokolle, anfällig für Routing-Loops (können aber Mechanismen zur Vermeidung haben, z.B. Split Horizon, Poison Reverse).
- Beispiele:
- RIP (Routing Information Protocol): Hop-Count als Metrik, max. 15 Hops.
- EIGRP (Enhanced Interior Gateway Routing Protocol): Cisco-proprietär, verwendet komplexere Metrik (Bandbreite, Delay, Zuverlässigkeit, Last) und DUAL-Algorithmus. Hybrides Protokoll (manchmal als Hybrid-DV bezeichnet).
b) Link-State Protokolle
- Arbeitsweise: Jeder Router erstellt eine "Karte" oder "Topologie" des gesamten Netzwerks, indem er Informationen über seine direkt verbundenen Links und den Status dieser Links (Link-State Advertisements, LSAs) an alle Router im gleichen Bereich sendet.
- Informationsaustausch: Jeder Router hat eine vollständige und konsistente Sicht auf die Netzwerktopologie.
- Algorithmus: Dijkstra's Shortest Path First (SPF) Algorithmus.
- Konvergenz: Schnellere Konvergenz als Distance Vector, da jeder Router die gesamte Topologie kennt und Änderungen sofort verarbeiten kann. Weniger anfällig für Routing-Loops.
- Beispiele:
- OSPF (Open Shortest Path First): Häufig verwendetes Interior Gateway Protocol (IGP). Metrik ist Kosten (basiert auf Bandbreite). Unterstützt hierarchisches Design (Areas).
- IS-IS (Intermediate System to Intermediate System): Ähnlich wie OSPF, in großen Provider-Netzwerken beliebt.
6. Dynamische Routingprotokolle: Metrik
Die Metrik ist ein numerischer Wert, der von Routing-Protokollen verwendet wird, um den "besten" Pfad zu einem Zielnetzwerk zu bestimmen, wenn mehrere Pfade existieren. Eine kleinere Metrik deutet auf einen besseren (bevorzugten) Pfad hin.
Die Metrik kann auf verschiedenen Kriterien basieren:
-
Hop Count (Sprungzahl):
- Definition: Die Anzahl der Router (Hops), die ein Paket durchqueren muss, um sein Ziel zu erreichen.
- Verwendung: RIP.
- Problem: Berücksichtigt nicht Bandbreite, Verzögerung oder andere Leistungsfaktoren. Zwei Hops über eine schnelle Glasfaserverbindung könnten besser sein als ein Hop über eine langsame Satellitenverbindung.
-
Bandbreite:
- Definition: Die verfügbare Datenübertragungsrate eines Links (z.B. Mbps). Höhere Bandbreite bedeutet niedrigere Kosten.
- Verwendung: OSPF (Kosten = (10^8) / Bandbreite in bps), EIGRP.
- Vorteil: Berücksichtigt die Kapazität des Links.
-
Delay (Verzögerung):
- Definition: Die Zeit, die ein Paket benötigt, um einen Link zu durchqueren.
- Verwendung: EIGRP.
- Vorteil: Wichtig für Echtzeitanwendungen (VoIP, Video).
-
Load (Last):
- Definition: Die aktuelle Nutzung eines Links.
- Verwendung: EIGRP (optional).
- Problem: Kann zu instabilen Routing-Entscheidungen führen, da die Last ständig schwankt.
-
Reliability (Zuverlässigkeit):
- Definition: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Link ausfällt.
- Verwendung: EIGRP (optional).
- Vorteil: Berücksichtigt die Stabilität der Verbindung.
-
Kosten (Cost):
- Definition: Ein generischer Wert, oft umgekehrt proportional zur Bandbreite oder vom Administrator zugewiesen.
- Verwendung: OSPF.
Unterschiede in den Metriken:
- RIP: Verwendet nur Hop-Count, sehr einfach, aber nicht effizient für heutige Netze.
- OSPF: Verwendet "Kosten", die standardmäßig von der Bandbreite abgeleitet werden. Je höher die Bandbreite, desto niedriger die Kosten. Dies führt in der Regel zu besseren Pfadentscheidungen als Hop-Count.
- EIGRP: Verwendet eine komplexe, zusammengesetzte Metrik, die standardmäßig Bandbreite und Delay berücksichtigt, aber auch Last und Zuverlässigkeit optional einbeziehen kann. Dies erlaubt sehr feine und leistungsstarke Pfadentscheidungen.
Die Wahl des Routingprotokolls und seiner Metrik hängt stark von den Anforderungen des Netzwerks ab, insbesondere in Bezug auf Größe, Komplexität, Konvergenzgeschwindigkeit und Leistungsoptimierung.